Die Schneekönigin und das Sternenkind, König Leckermaul und der kleine
Däumling: Diese Märchengestalten finden sich im neuen Kalender 2007 der
Initiative „Kunst und Kultur Kleines Wiesental" (KuK), der Bilder des
renommierten tschechischen Zeichners und Illustrators Jindra Capek
enthält. Am Freitagabend kam der Künstler persönlich in die VR-Bank
Schopfheim, um vor vollen Besucherreihen den Kalender „Jindra Capek -Das
Goldkorn und andere Märchen" vorzustellen.

Der Märchen- und Kinderbuchillustrator ist im Kleinen Wiesental kein
Unbekannter, hat er doch von 1980 bis 1985 in Niedertegernau gelebt und
gearbeitet und in dieser Zeit einige seiner bekannten Märchenbücher
geschaffen. Daran erinnerten in ihrer Begrüßung Bernhard Schlageter von
der VR-Bank und Hans Viardot von der Initiative KuK, die am 15. Dezember
ihr 15-jähriges Bestehen feiert. Der Kalender mit den Capek-Illustrationen
ist der 13. KuK-Kalender, erinnerte Viardot, und in all den Kalenderwerken
stecke „viel Arbeit, viel Heimatgeschichte, viel Kunstgeschichte und viel
Neuentdecktes, was sonst heute verloren gegangen wäre". Capeks
Märchenbilder rührten an die Tiefen der Seele und Träume, meinte Viardot.
Märchen hätten nicht nur etwas mit Kindern zu tun. Die Märchengeschichten,
die Capek illustriert hat, seien alle für Erwachsene. Um die Besucher in
die Welt der Märchen einzustimmen, trug die Schopfheimer Märchenerzählerin
Christa Hoheisel mit großer sprachlicher Lebendigkeit und Einfühlsamkeit
das Titelmärchen „Das Goldkorn" von Christel Jacobi vor. Es handelt von
einem armen Maler, der in seiner Not seine Bilder an den Teufel „verkauft"
für einen1 Sack Gold. Doch es wird ihm nur ein hässlicher Buckel angehext.
Aber Sonne, Mond, Sterne, Engel und das wundertätige Goldkorn wirken
hilfreich gegen den bösen Zauber.
Jindra Capek selbst spielte auf der Gitarre einige Barockstücke und
erläuterte seine auf eine Dialeinwand projizierten Kalenderblätter. Er
erzählte, dass er selbst „sehr märchenhaft" in der ehemaligen böhmischen
Renaissancestadt Krumau lebt. Auch in seinen Märchenillustrationen tauchen
oft alte Burgen, knorrige Bäume, Felsen oder gespensterartige Wesen auf
wie in dem Kalenderbild „Spukgeschichten aus Schottland" mit einer
Geistergestalt im Mondlicht. Er liebe solche geheimnisvollen, mystischen,
etwas unheimlichen Stimmungen und Atmosphären, sagte Capek. Seine Bilder
entstehen in einer aufwändigen altmeisterlichen Technik oft in mehreren
Schichten, in Acryl oder Zeichenstift, mit feinsten Pinselstrichen und
nuancierten Farbtönen.
Auf den Kalenderblättern hat der tschechische Künstler ganz verschiedene
Märchengeschichten illustriert: von Hans Christian Andersens
„Schneekönigin", die wunderschön als weiße Frauengestalt zwischen
Winterbäumen aufragt, über den „Kleinen Däumling", der sich auf einem
Schrank vor dem gefräßigen Riesen versteckt, bis zu dem Weihnachtsmärchen
„Das Wunder von Jasina", das von einem jüdischen Mädchen und seinem
neugeborenen Kind erzählt, denen auf wundersame Weise Gutes geschieht.
Sehr fantasievoll und teils auch rätselhaft-surreal hat Capek „Das
Sternenkind" von Oscar Wilde, die Geschichte zweier Holzfäller, denen ein
Findelkind wie ein Stern vom Himmel fällt, aber auch E.T.A. Hoffmanns „Der
goldene Topf" oder Wilhelm Hauffs „Das kalte Herz" malerisch umgesetzt.
Ein Märchenbild führt sogar in den ägyptischen Kulturkreis mit Pharaonen
und Göttergestalten, die über einer Landschaft mit Löwen und Schlangen
schweben. Auch ein eigenes Märchen hat Capek illustriert: Sein „König
Leckermaul", der genüsslich schlemmt, während die armen Menschen darben,
ist eine Anspielung auf die Regime, in denen die „Herren" nicht sehen, was
sich im Volk abspielt.
Nach einem
Bericht der Badischen Zeitung / Original-Text & Foto: Roswitha Frey
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