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Presse - Aktuell                          

BZ - Bericht vom 15. September 2008


Leinen los fürs "Narrenschiff 2008" 

Der Malsburg-Marzeller Maler Klaus Eichler stellt 30 seiner ironisch-gesellschaftskritischen Bilder im Ludwig-Museum aus


Er sieht sich als malender Zeitkritiker, der wie ein Don Quichotte mit spitzem Pinsel gegen die modernen Windmühlen und die Übel der Welt kämpft: Klaus Eichler ist ein Maler, der in seinen Acrylbildern die Schwächen der Gesellschaft aufdeckt und sich kritisch-ironisch über aktuelle Geschehnisse äußert. Am Samstag wurde im Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet eine Sonderausstellung mit rund 30 gesellschaftskritischen, teils satirisch-provokativen Gemälden des Künstlers aus Malsburg-Marzell eröffnet.  
 


 
"Narrenschiff 2008" heißt diese von der Initiative KuK organisierte Sonderschau aus gutem Grund. Denn der 66-jährige Eichler, der in seinem Beruf als Kaufmann 40 Jahre lang in aller Welt unterwegs war, bezieht sich in einem Bild auf das berühmte Narrenschiff des Satirikers Sebastian Brant. "Im Prinzip mache ich nichts anderes, als Sebastian Brant vor 500 Jahren gemacht hat" , erklärt der Maler zu seinem Anliegen, auf die Schwächen der Menschen und die Missstände der Zeit aufmerksam zu machen. In seinem aktualisierten Narrenschiff sind denn auch heutige Prominente aus Politik, Gesellschaft und Sport an Bord, unter der Flagge von Angela Merkel: Da entdeckt man unter Narrenkappen Lafontaine, Steinmeier, Schröder, Fußballtrainer Ottmar Hitzfeld und Edmund Stoiber, der gerade über Bord geworfen wird. 
 
  Der Alltag und aktuelle Ereignisse des Welt- und Zeitgeschehens sind es, die Klaus Eichler zu seinen farbkräftigen, teils fotorealistisch plakativ, teils auch satirisch bewusst überspitzt gemalten Bildern inspirieren, die enorm detailreich sind und voller verborgener Anspielungen stecken. Ein so detailliertes und präzises Malen in aufwändiger Technik braucht viel Zeit, an manchem Bild malt Eichler 200 Stunden. Seine Themen sind enorm breit gefasst. Das reicht von den Dopingsündern des Radsports bis zur kritischen Sicht auf das fragwürdige Olympiaspektakel in Peking, das mit Fackellauf, Militär und Sportlern vieler Nationen dargestellt ist.

  Symbolisch und vieldeutig kommen auch andere Werke zu politisch-religiösen Themen daher, wie das Gemälde "Tumbling Towers" — übersetzt einstürzende Türme. Dieses Motiv setzt Klaus Eichler in Gestalt zweier fallender Sumo-Ringer um, der eine Moslem, der andere Christ — ein gewaltiges Bild, das sicher auch Provokation auslösen mag. Auch einige politische Brisanz hat das Bild "Perestroika" , wo einem im Spiegel Stalin, Putin und Mao entgegenblicken. Wie paradox und brutal gegensätzlich unsere Welt und unsere Zeit ist, macht der engagierte Maler auch in dem Bild "Beirut" deutlich. Dieses Motiv, entnommen einem World Press Photo des Jahres, zeigt junge hippe Frauen mit Handy, die in einem offenen Wagen durch die zerstörte Stadt und die Trümmer fahren — als sei nichts geschehen.    Auch in der Welt der Medien und Mode stößt Klaus Eichler immer wieder auf Dinge, die er malerisch aufgreift: Etwa das falsche Schönheitsideal der untergewichtigen "Hungerhaken" auf den Laufstegen oder die beiden Models, die gesichtslos nur noch als Werbeträger für Modefirmen im "Café Mondrian" sitzen. In diesem auffallenden Bild spielt der Maler auch in den Formen und Farben mit dem berühmten Mondrian-Stil. In einigen Exponaten greift Klaus Eichler, der neuerdings sein Atelier in Efringen-Kirchen hat, auch zu einem anderen Stilmittel: Er stilisiert die Figuren, die dann aussehen wie die gelbe comicartige Simpsons-Sippe. Das ermöglicht ihm, auch ganze Menschenmassen zu malen, etwa 900 Figuren in dem Bild "Feragosto" , das sinnbildlich für einen typisch italienischen Ferienstrand steht. Doch es wäre nicht Klaus Eichler, wenn er nicht hintersinnig einige berühmte Persönlichkeiten in der Kopf-an-Kopf-Masse versteckt hätte.
 
  Ob Ausbeutung und Armut in der Dritten Welt, das Schicksal der Bootsflüchtlinge oder das Bild vom Tsunami, der in einer Riesenwelle die Akropolis, den Eiffelturm, das Tadsch Mahal und die Freiheitsstatue zu verschlingen droht — die Bilder von Klaus Eichler rütteln auf, machen nachdenklich, stoßen an, öffnen die Augen für die drohenden oder schon existierenden Katastrophen in der Welt. Gerade weil seine Malerei nicht nur oberflächlich betrachtet werden will, sondern eine "Mission" und Botschaft hat, kam es bei den Besuchern der Vernissage gut an, dass Eichler seine Art der Kunst und seine Ideen erläuterte und bei einer Führung durch die Schau die Bilder und ihre Hintergründe erklärte.


 Die Ausstellung läuft noch bis 2. November, sonntags von 14 bis 17 Uhr.
 
Badische Zeitung vom 15. 9. 2008 / Autorin und Foto: Roswitha Frey

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