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    Weiler-Lesung bringt Leben in die 
"Krone"
 Nach langer Zeit ist wieder Leben in die "Krone" 
in Tegernau eingekehrt. Viel Publikum verfolgt dort
 die Lesung Gerald Nills aus seinem Buch "30 Weiler im Wiesental".
  Gerald Nill las in der Gaststube der Krone aus 
seinem neuen Buch.
 Foto: Roswitha Frey
 Eine gemütliche "Druggete" herrschte am 
Sonntagvormittag bei der Lesung von Gerald Nill in der urigen Wirtsstube der 
"Krone" in Tegernau. Dicht an dicht saßen die Zuhörerinnen und Zuhörer an den 
robusten Holztischen, vor sich ein Glas Bier, Schorle oder Wein, und lauschten 
aufmerksam. Der Autor aus Gresgen trug einige Kapitel aus seinem Buch "30 Weiler 
im Wiesental" vor, das im Februar herausgekommen ist und dessen erste Auflage 
bereits fast vergriffen ist. Eine zweite folgt. Die "Krone", so Nill, sei für ihn ein 
besonderer Ort. In diesem Wirtshausmuseum habe er vor vier Jahren sein erstes 
Buch vorgestellt, damals im Saal. Und Hans Viardot, der inzwischen verstorbene 
Motor des Vereins "Krone und Kultur Kleines Wiesental", hatte zur Einführung 
gesprochen. Deshalb war es Nill ein Anliegen, sein neues Buch ebenfalls an 
diesem Ort zu präsentieren. Er dankte der neuen Wirtin Manuela Lin, die das 
Gasthaus Anfang April wiedereröffnet hat, und freute sich, "dass die Krone 
wiederbelebt wird".
 Die Begrüßungsworte sprach Sonja Eiche vom Verein Brauchtum im Kleinen 
Wiesental-Raich. Gerald Nill habe diese abgelegenen Orte, einzelnen Höfe und 
kleinen Häuseransammlungen in wunderbarer Landschaft aufgesucht, deren Bewohner 
noch die Traditionen und Bräuche aufrecht erhalten. Er habe mit den älteren 
Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen, wie das Leben früher war, wie es sich 
entwickelt habe und wie es heute sei. Manche Weiler seien fast ausgestorben, 
einige der Gesprächspartner seien inzwischen verstorben. So sei dieses Buch 
"wertvoll als Erinnerung und Dokumentation des Lebens in den Weilern". Es lohne 
sich, selbst dorthin zu fahren, so Sonja Eiche. Das Buch sei lebendig 
geschrieben: "Ich habe es verschlungen wie Nills anderen Bücher auch."
 
 Gerald Nill freute sich, dass sich so viele Leute auf den Weg in die "Krone" 
gemacht haben. In der Tat sei jeder der Flecken, den er besucht habe, "ein 
Überraschungsei" gewesen. Er habe nicht gewusst, was und wer ihn dort erwarte. 
Die Initiative zu den Recherchen ging von der Badischen Zeitung in Schopfheim 
aus. Die erste Anlaufadresse, die man ihm mitgab, war die des Musikerehepaars 
Almut und Paul Hailperin, die es nach Hütten verschlagen hat. Für die Musikerin 
aus Hamburg und den Instrumentenbauer aus den USA war das Haus in einsamer Lage 
"Liebe auf den zweiten Blick".
 "Die Weiler haben eine Geschichte, die immer 
eng mit den Akteuren verknüpft ist", sagte Nill. Die Gespräche zeigten die Liebe 
der Bewohner zu ihrem Weiler. "Keiner kann sich vorstellen, woanders zu leben". 
Das nächste Kapitel, das er las, führte nach Eichholz, zu einem Platz "mit der 
schönsten Aussicht im ganzen Tal". Dort erfuhr er, dass der Weiler früher aus 
Weiden für Schafe bestand, dort vor hundert Jahren kein einziger Baum stand und 
der Schäfer einen Teil des Hofes bewohnte.
 Ein Kapitel las Nill über Wambach, wo es einen schönen kleinen Dorfplatz mit 
Brunnen gebe, aber auch Ferienwohnungen. Die Gäste schätzten die "gute Luft und 
Ruhe". Die Landbevölkerung dort habe aber auch das Problem, dass sie bei nicht 
zuverlässigem Nahverkehr aufs Auto angewiesen sei und die jüngere Generation 
abwandere, wenn ihr das Baurecht am Ort verwehrt werde. "Die Weiler befinden 
sich im Umbruch", so der Autor. Er nahm seine Zuhörer auch noch mit nach 
Wildböllen in einen 400 Jahre alten Schwarzwaldhof, wo die Landwirtschaft an den 
Steillagen anspruchsvoll und schwierig ist, die Nachbarn zwei Schweine zur 
eigenen Versorgung halten und die Männer früher im Wald Holz machten. "Fahren 
Sie doch einmal mal hin", ermunterte Gerald Nill die Zuhörer.
 
 Die Lesung von Nill, die er in Eigenregie veranstaltet hat, war die erste seit 
Corona in der "Krone". Lange war es ruhig um das Wirtshausmuseum. Dass nun der 
gastronomische Wirtshausbetrieb und das kulturelle Leben angekurbelt werden, 
freut den Verein "Krone und Kultur Kleines Wiesental". Wie Ernst-Jürgen Kallfass 
sagt, der mit Gerhard Wagner die Vorstandsdoppelspitze bildet, sei der Verein 
froh, in Manuela Lin eine neue Pächterin für das Gasthaus gefunden zu haben.
 
 "Es ist ein erster Schritt, dass wieder Leben ins Haus kommt", so Kallfass. Das 
fast 300 Jahre alte Haus, in dem zahlreiche historische Fotografien hängen, soll 
künftig wieder mit Veranstaltungen belebt werden. Wie Kallfass sagte, habe man 
bereits Kontakte geknüpft und wolle in absehbarer Zeit die Veranstaltungen 
wieder aufnehmen.
 
 Unter dem inzwischen verstorbenen Vorsitzenden Hans Viardot gab es zahlreiche 
literarische Frühschoppen, Vorträge, Lesungen, Konzerte, Theater und Führungen 
im Wirtshausmuseum. Man wolle versuchen, so Kallfass, diese schöne Tradition 
weiterzuführen.
     
Badische Zeitung - Original-Bericht: 
Roswitha Frey   |