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Presse - Aktuell

 

MT - Bericht vom 29. September 2017

 

 

„Wir denken an ihn“

Gespannt sahen die dreizehn Grundschüler der vierten Klasse der Naturparkschule Tegernau der Exkursion zum Mahnmal im Elbenschwander Wald entgegen.


Am Mahnmal in Elbenschwand gedachten die Kinder und Hans Viardot den ermordeten Zwangsarbeitern.
 Foto: Gudrun Gehr

Die sechs Mädchen und sieben Jungen im Alter von neun und zehn Jahren waren von Hans Viardot vom Verein Krone und Kultur Kleines Wiesental zu der Exkursion eingeladen worden.

Um die Schüler kindgerecht auf die Exkursion und das Thema „Krieg“ vorzubereiten, hatte Hans Viardot am Montag zwei Schautafeln mit Fotografien und Ansichtskarten der beiden Weltkriege in die Schule mitgebracht. Die Kinder lauschten gebannt seinen Ausführungen.

Großes Interesse weckten die Fotos der Schlachtfelder des Zweiten Weltkrieges und von den mit Hakenkreuzfahnen geschmückten Häusern. Auch Fotos vom Reichsarbeitslager in Wies und vom „Albert-Schöni-Gedächtnisbrunnen“ in Tegernau, der am Brunnenstock ein Schild mit Hakenkreuz trug, erweckten Neugier. „Wir möchten euch zeigen, wie schrecklich es ist, wenn einem durch Krieg alles, was Heimat ist, genommen wird. Deswegen möchten wir euch frühzeitig zeigen, was Krieg bedeutet“, so Viardot. „Hierzu gehört auch die Notwendigkeit, zu wissen, was hier in der Heimat unter dem radikalen Regime der Nazis geschah.“

Am Mittwochmorgen fuhr an der Schule der Omnibus vor, der die Kinder gemeinsam mit der Rektorin Ursula Kleinedler, der Klassenlehrerin und der Projektleiterin Monika Weber bei schönem Wetter zum Wolfsacker fuhr. Ein Jahrhunderte alter Waldweg führte auf den Hirschkopf. Spannend für die Kinder waren die alten Marksteine am Wegrand, bewachsen mit dichtem Moos, welche die alten Wappen der Herrschaftsbezirke und Jahreszahlen aus dem 18. Jahrhundert trugen.

Direkt am Mahnmal berichtete Viardot vom „Volkssturm“, einer zum Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffene Kampftruppe von Hitlerjungen und alten Männern. In Elbenschwand hatten Hitlerjungen, „Werwölfe“ genannt, im militärischen Sperrgebiet Widerstandsnester zu bauen, unterstützt von jugendlichen Zwangsarbeitern aus dem Osten. Die Hitlerjungen erhielten in den letzten Kriegstagen von einem Offizier den Befehl, ihre gleichaltrigen Helfer zu erschießen. Einer der Hitlerjungen konnte die Zwangsarbeiter zuvor warnen. Zwei der Helfer flüchteten daraufhin, während die Hitlerjungen den Befehl zur Erschießung der noch anwesenden fünf Gefangenen ausführen müssten. Drei der Leichen wurden später entdeckt und auf dem Friedhof in Atzenbach beerdigt, zwei Leichen konnten nie aufgefunden werden. Auch in Hägelberg wurden drei Zwangsarbeiter im Alter von 15 bis 17 Jahren im gleichen Zusammenhang ermordet.

Die zehnjährige Lene Kropf las für ihre Klassenkameraden den Text der Bronzetafel auf dem drei Tonnen schweren Granitstein vor. Die Schüler bildeten vor dem Mahnmal einen Kreis, wobei Hans Viardot die Namen der acht ermordeten Zwangsarbeiter nannte. Die Kinder stellten sich vor, was diese Jugendlichen aufgrund ihres viel zu frühen Todes nicht mehr erleben konnten. „Er konnte sich nicht mehr verlieben; keinen Beruf mehr erlernen; keine Kinder mehr bekommen; kein Haus mehr bauen; keine berufliche Karriere mehr machen; die Eltern nicht mehr im Alter begleiten; die Eltern nicht mehr begraben.“ Gemeinsam wurde nach jedem Namen gesprochen: „Wir denken an ihn“. Durch viele Zwischenfragen war zu erkennen, dass die Kinder sich für das Thema interessierten und die Problematik verstanden hatten. Erschöpft, aber beeindruckt vom Erlebten, wurden die Kinder zurück zur Schule gefahren.

 

Original-Bericht: MT / Gudrun Gehr
 

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