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Presse - Aktuell

 

MT - Bericht vom  28. September 2018

 

 

Sinnloses Morden wenige Tage vor Kriegsende

Exkursion mit Hans Viardot: Das Mahnmal zum Gedenken an die ermordeten Zwangsarbeiter

 
Werden die Exkursion zum Mahnmal lange in Erinnerung behalten:
Viertklässler der Naturparkschule.    Foto: Gudrun Gehr

Innerhalb ihres Modules „Kleines Wiesental“ wurden die 14 Schüler der vierten Klasse der Naturparkschule Tegernau vom Verein Krone und Kultur im Kleinen Wiesental (KuK) zu einer Exkursion mit Hans Viardot eingeladen. Ziel war das 2015 auf dem Hirschkopf bei Elbenschwand aufgestellte Mahnmal zum Gedenken an die fünf jugendlichen Zwangsarbeiter, die von Angehörigen der „Werwölfe“ in den letzten Kriegstagen ermordet wurden. Bereits letztes Jahr hatte KuK den Schülern der Naturparkschule den Besuch des Mahnmals ermöglicht.

Lernort gegen Rechtsextremismus

Die Naturparkschüler wurden auf diesen besonderen Lernort, der für Besucher aller Altersstufen geeignet ist, kindgerecht vorbereitet. Zwei Tage vor dem Ausflug hatte Hans Viardot die überwiegend zehnjährigen Kinder in der Schule besucht, um sie auf das Thema „Krieg“ vorzubereiten. Er hatte zwei Schautafeln mit Fotografien und Ansichtskarten der beiden Weltkriege in den Unterricht mitgebracht. Viardot berichtete von den beiden vergangenen Weltkriegen und dem Kampf mit dem „Erzfeind“ Frankreich im Jahr 1870/1871. Großes Interesse erweckten die Fotos der Schlachtfelder des Zweiten Weltkrieges und die mit Hakenkreuzfahnen geschmückten Häuser. Hans Viardot betonte: „Wir möchten Euch zeigen, was hier unter dem radikalen Regime der Nazis passierte und was es bedeutet, wenn einem durch einen Krieg alles genommen wird.“

Am Mittwoch war es bei prächtigem Sonnenschein so weit: Der Vorsitzende des KuK führte die Kinder zum Mahnmal. Sie entdeckten eine Wildkamera, die von Naturschützern zur Erfassung von Fledermäusen installiert wurde. Der Grenzweg zum Hirschkopf umfasst mehrere mit Moos bewachsene, teilweise abenteuerlich schräg stehende Grenzsteine. Bei der Spurensuche mit den Kindern wurde auch ein zersprungener Grenzstein entdeckt, der in der Vergangenheit wieder repariert wurde. Den Kindern wurde erklärt, dass hier die Grenze zwischen dem katholischen Großen Wiesental und dem evangelischen Kleinen Wiesental verlief und daher von den Herrschenden die Religion häufig als Grund für Kriege verwendet wurde. Am Mahnmal angelangt, las eine Schülerin den Text der Bronzetafel auf dem drei Tonnen schweren Granitstein vor. Viardot berichtete vom „Volkssturm“ und von jugendlichen „Werwölfen“, die in den letzten Kriegstagen mit aberwitzigen Maßnahmen ein Verlieren des Krieges noch verhindern sollten. Hier am Hirschkopf hatten Hitlerjungen aus dem Jahrgang 1928 gemeinsam mit sieben osteuropäischen Zwangsarbeitern, die im gleichen Alter standen, im militärischen Sperrgebiet Widerstandsnester zu bauen, um die vordringende französische Armee am Weiterkommen zu hindern.

Täter und Opfer waren befreundet

Die Jugendlichen waren seit Tagen dabei, Bunkerstellungen für Maschinengewehre am nahen Tannenkopf und am Hirschkopf auszugraben, und hatten sich mit den Zwangsarbeitern angefreundet. Sie erhielten beim Vormarsch der Franzosen von einem Wehrmachtsoffizier den Befehl, ihre gleichaltrigen Helfer zu erschießen. So sollte verhindert werden, dass diese die Verstecke verraten würden.

Zwei der sieben Zwangsarbeiter flohen in der Nacht, die restlichen fünf Verbliebenen wurden von ihren Kameraden von hinten erschossen. Drei der Leichen wurden später entdeckt und auf dem Friedhof in Atzenbach beerdigt, zwei Leichen wurden bislang nicht aufgefunden.

Die Schüler bildeten vor dem Gedenkstein einen Kreis, wobei Viardot die Namen der sieben ermordeten Zwangsarbeiter nannte. Er las hierzu jeweils die Zuschreibung, die sich 2015 die Konfirmanden in der St. Laurentiuskirche in Tegernau überlegt hatten. Die Kinder stellten sich vor, was diese Jugendlichen infolge ihres viel zu frühen Todes nicht mehr erleben konnten: „Er konnte sich nicht mehr verlieben, keinen Beruf mehr erlernen, keine Kinder mehr bekommen, kein Haus mehr bauen, keine berufliche Karriere mehr machen, die Eltern nicht mehr im Alter begleiten, die Eltern nicht mehr begraben“. In der entstandenen berührenden Stille dachten die Kinder an die Opfer, und nach jedem Namen sprachen die Kinder „Wir denken an ihn“. Nach einem Vesper ging es zurück zur Schule. Viardots Frage an die Schüler lautete zum Schluss: „Was darf man ein Leben lang nicht machen?“, und erhielt als Antwort der gebannt zuhörenden Schüler: „Keinen Hitlergruß, kein Hakenkreuz malen“. Dass die Kinder die Problematik verstanden hatten, zeigten viele Zwischenfragen. Hans Viardot wurde mit lautem Applaus bedacht.

Regina Jandke meint: „Die Kinder werden einen Bericht über das Erlebte schreiben, der in der Klassenzeitung veröffentlicht wird.“ Hans Viardot hofft, dass das Mahnmal und die beiden von den Hitlerjungen und Zwangsarbeitern gegrabenen Maschinengewehr-Stellungen durch den geplanten Bau der Windkraftanlagen im Bereich des Tannenkopfes und Hirschkopfes nicht beschädigt werden.

 

 

Original-Bericht: MT / Gudrun Gehr
 

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