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Presse - Aktuell                       

Markgräfler Tagblatt - Bericht vom 19. August 2013

 

Kleines Wiesental: Ein dunkles Kapitel der Regionalgeschichte

Die „Werwolfmorde" in Elbenschwand und Hägelberg


Hansjörg Noe seht in seinem Vortrag in der Tegernauer „Krone"
auf die sogenannten „Werwolfmorde" in Hägelberg und Elbenschwand ein.

Die Fakten sind zwar nach Gerichtsprozessen 1950 und 1985 bekannt, trotzdem sind viele Menschen in der Region nicht über dieses Geschehen hinreichend informiert. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, im April 1945, waren acht polnische Zwangsarbeiter von Jugendlichen einer sogenannten „Werwolfgruppe" erschossen worden. Drei der ermordeten Polen fand man in Hägelberg, fünf weitere in Elbenschwand. Die Jugendlichen wurden 1950 vor Gericht gestellt und zu je fünf Jahren Gefängnis wegen Totschlags verurteilt.

Die „Werwölfe" gehörten wie der „Landsturm" zum sogenannten „letzten Aufgebot". Dies wurde in den letzten Kriegstagen aufgeboten, um „Widerstand bis zum Letzten" zu leisten. Während die Alten den „Landsturm" bildeten, wurden Jugendliche in „Werwolfgruppen" eingeteilt.

Die zehn Jugendlichen aus der Region Wiesental, die die genannte Gruppe bildeten, waren zwischen 16 und 17 Jahre alt. Unter dem Kommando des Offiziers Kurt Rahäuser sollten sie in den Wäldern Geschützbunker bauen, aus denen heraus im Falle einer Besatzung durch feindliche Mächte aktiver Widerstand geleistet werden sollte.

Für die Arbeiten wurden zehn polnische Zwangsarbeiter abgestellt, die den Jugendlichen helfen sollten. Ob die Jugendlichen die Zwangsarbeiter absichtlich zu wenig beaufsichtigten oder ob es Nachlässigkeit war, die Zwangsarbeiter versuchten jedenfalls zu fliehen. Zwei Polen gelang die Flucht, die anderen acht wurden gestellt. Nach den Aussagen im ersten Prozess hatte der Offizier daraufhin die jungen „Werwölfe" gezwungen, die Zwangsarbeiter zu erschießen.

Im Jahr 1950 berichtete der „Spiegel" über den Gerichtsprozess und stellte die angeklagten „Werwölfe" mit Namen und Bild vor. Kurt Rahäuser, der Offizier, war zum Zeitpunkt des Prozesses verschwunden. Er tauchte erst sieben Jahre später wieder auf, als eine Verordnung erlassen wurde, dass Prozesse, die von der französischen Besatzungsmacht durchgeführt worden waren, nicht wieder aufgerollt werden sollten.

Ein Staatsanwalt aus der Region ließ aber nicht locker und brachte den Offizier 1985 doch noch vor Gericht. Der Prozess fand in Waldshut statt. Da Kurt Rahäuser der Schießbefehl nicht mehr nachgewiesen werden konnte, wurde er wegen Beihilfe zum Totschlag zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Auf Betreiben des Hägelberger Ortsvorstehers Hans-Georg Koger und einer Schülerinitiative des Schulzentrums Steinen wurde 1997 im Hägelberger Wald ein Gedenkstein für die ermordeten Polen aufgestellt. Ein entsprechendes Mahnmal in Elbenschwand, für das sich Hans Viardot seit längerem einsetzt, konnte noch nicht realisiert werden.



Original-Bericht: Markgräfler Tagblatt / Heiner Fabry
 

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