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Presse - Aktuell                       

Südkurier - Bericht vom 20. Februar 2006

 
Trümmerfrau trifft Lara Croft

 
Malerei von Klaus Eichler im Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet
 

"Frauen und Mode im Wandel der Zeit"
 
Wer ist der größte Narr im Schiff? Die Antwort gibt das Bild "Teutonia": Das "moderne Narrenschiff" mit schwarz-rot-goldenen Segeln steuert durch bewegte See. Hoch auf dem Mast thront noch Gerhard Schröder im Ausguck, unten an der Reling Altkanzler Helmut Kohl. Unter den Narrenkappen lauter bekannte Gesichter aus Politik, Show und Sport, angefangen vom Rennfahrer Schumi bis zum "Wetten, dass"-Gottschalk.
 
Diese Ausstellung im Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet kommt gerade recht(zeitig). Mit den Bildern von Klaus Eichler ist der Initiative Kunst und Kultur Kleines Wiesental eine faustdicke Überraschung gelungen. Dass der Künstler eine Entdeckung ist, zeigte sich schon beim Stapellauf des modernen Narrenschiffs mit anschließender Jungfernfahrt bei einer multimedialen Vernissage in der Universität Basel. Da muss also was dran sein an Eichlers großformatigen, zeitkritischen, öfter ironischen und gelegentlich provokativen Acrylbildern, die der Maler mit eigenen Gedichten unter dem Künstlernamen "Long Wei" (Großer Drachen) versehen hat.
 
Die aktuelle Ausstellung im Friedrich-Ludwig-Museum ist eine geballte Attacke in Form von Malerei und Texten auf unsere Medienwelt. Die Kritik an den Massenmedien kommt teils versteckt und hintergründig, manchmal aber sehr direkt und offensichtlich daher. Eichler zeigt in spiegelbildlicher Gegenüberstellung von Wort und Bild die Schwächen der heutigen Menschen auf - und die sind gar nicht viel anders als zu Zeiten des alten Sebastian Brant, des elsässischen Dichters und Humanisten aus dem 15. Jahrhundert, dessen "Narrenschiff" Eichler für seine aktualisierte Adaption gedient hat.
Doch Eichler ist nicht nur ein moderner Brant und in seinen Gedichten ein Geistesverwandter Heinrich Heines ("Denk ich an Deutschland in der Nacht!"), sondern auch ein Nachfahre von Cervantes. So stellt sich der Künstler doch selber als Don Quijote auf einem Motorrad im Kampf gegen moderne Windräder dar. Dem Maler begegnet man öfter in persona auf Selbstporträts, einmal in sinnierender Pose als Kunstbetrachter in der Tate Gallery vor monochromen weißen Bildern.
 
Im Gegensatz dazu sind Eichlers eigene Bilder voll von Informationen, zwischen Satire und Comic, gemalt im Stil des Fotorealismus, also pralle Wirklichkeit, allerdings kritisch überzeichnet und hinterfragt. Man entdeckt viel Amerika- und Medienkritisches, Anspielungen auf Werbung, Lifestyle und Mode, von "Red Bull" bis zur goldenen Europa, dem Stier mit dem Euro-Zeichen. Eine Bilderreihe beschäftigt sich mit dem Wandel des Frauenbildes in der Mode, von der Trümmerfrau bis zu einer Lara-Croft-Animation.
 
Eichler scheut sich auch nicht vor Kritik an der Neonazi-Szene und an Seitenhieben auf die "Spätbadische Revolution" mit Hecker und Struwe auf der Chinesischen Mauer: O tempora, o mores! Auch wenn ein Bild, das den islamischen Kulturkampf thematisiert, vom Museum vorsichtshalber zurückgezogen wurde, sieht man auch so noch genügend starken Tobak.
 
Südkurier vom 22. 2. 2006 / Autor und Photo: Jürgen Scharf
 

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