|  Trümmerfrau trifft Lara Croft
 
 Malerei von Klaus 
      Eichler im Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet
 
 
  "Frauen und Mode 
      im Wandel der Zeit"
 
 Wer ist der größte Narr im Schiff? Die Antwort gibt das Bild "Teutonia": 
      Das "moderne Narrenschiff" mit schwarz-rot-goldenen Segeln steuert durch 
      bewegte See. Hoch auf dem Mast thront noch Gerhard Schröder im Ausguck, 
      unten an der Reling Altkanzler Helmut Kohl. Unter den Narrenkappen lauter 
      bekannte Gesichter aus Politik, Show und Sport, angefangen vom Rennfahrer 
      Schumi bis zum "Wetten, dass"-Gottschalk.
 
 Diese Ausstellung im Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet kommt gerade 
      recht(zeitig). Mit den Bildern von Klaus Eichler ist der Initiative Kunst 
      und Kultur Kleines Wiesental eine faustdicke Überraschung gelungen. Dass 
      der Künstler eine Entdeckung ist, zeigte sich schon beim Stapellauf des 
      modernen Narrenschiffs mit anschließender Jungfernfahrt bei einer 
      multimedialen Vernissage in der Universität Basel. Da muss also was dran 
      sein an Eichlers großformatigen, zeitkritischen, öfter ironischen und 
      gelegentlich provokativen Acrylbildern, die der Maler mit eigenen 
      Gedichten unter dem Künstlernamen "Long Wei" (Großer Drachen) versehen 
      hat.
 
 Die aktuelle Ausstellung im Friedrich-Ludwig-Museum ist eine geballte 
      Attacke in Form von Malerei und Texten auf unsere Medienwelt. Die Kritik 
      an den Massenmedien kommt teils versteckt und hintergründig, manchmal aber 
      sehr direkt und offensichtlich daher. Eichler zeigt in spiegelbildlicher 
      Gegenüberstellung von Wort und Bild die Schwächen der heutigen Menschen 
      auf - und die sind gar nicht viel anders als zu Zeiten des alten Sebastian 
      Brant, des elsässischen Dichters und Humanisten aus dem 15. Jahrhundert, 
      dessen "Narrenschiff" Eichler für seine aktualisierte Adaption gedient 
      hat.
 Doch Eichler ist nicht nur ein moderner Brant und in seinen Gedichten ein 
      Geistesverwandter Heinrich Heines ("Denk ich an Deutschland in der 
      Nacht!"), sondern auch ein Nachfahre von Cervantes. So stellt sich der 
      Künstler doch selber als Don Quijote auf einem Motorrad im Kampf gegen 
      moderne Windräder dar. Dem Maler begegnet man öfter in persona auf 
      Selbstporträts, einmal in sinnierender Pose als Kunstbetrachter in der 
      Tate Gallery vor monochromen weißen Bildern.
 
 Im Gegensatz dazu sind Eichlers eigene Bilder voll von Informationen, 
      zwischen Satire und Comic, gemalt im Stil des Fotorealismus, also pralle 
      Wirklichkeit, allerdings kritisch überzeichnet und hinterfragt. Man 
      entdeckt viel Amerika- und Medienkritisches, Anspielungen auf Werbung, 
      Lifestyle und Mode, von "Red Bull" bis zur goldenen Europa, dem Stier mit 
      dem Euro-Zeichen. Eine Bilderreihe beschäftigt sich mit dem Wandel des 
      Frauenbildes in der Mode, von der Trümmerfrau bis zu einer 
      Lara-Croft-Animation.
 
 Eichler scheut sich auch nicht vor Kritik an der Neonazi-Szene und an 
      Seitenhieben auf die "Spätbadische Revolution" mit Hecker und Struwe auf 
      der Chinesischen Mauer: O tempora, o mores! Auch wenn ein Bild, das den 
      islamischen Kulturkampf thematisiert, vom Museum vorsichtshalber 
      zurückgezogen wurde, sieht man auch so noch genügend starken Tobak.
 
 Südkurier vom 22. 
      2. 2006 / Autor und Photo: Jürgen Scharf
 
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